IGR Aktuell
Separate Bestimmung von Gesamtschwefel und Sulfatschwefel (SO42-/S6+) im Glas
Die verschiedenen Wertigkeiten von Schwefel (S6+, S4+, S2-) im Glas haben bei der Läuterung diverser Glassorten (u. a. Floatglas, Behälterglas) eine entscheidende Funktion bzw. Bedeutung. Bei stark reduzierend geschmolzenen Gläsern ist der Gehalt an Sulfid-Ionen (S2-) ein entscheidender Parameter, da dreiwertiges Eisen (Fe3+) in Gegenwart von Sulfid einen intensiv braunen Farbkomplex bildet. Die Konzentrationswerte dieser beiden Ionen entscheiden über die Intensität (Tiefe) der Brauntönung eines Glases, das in der Literatur allgemein als „kohlegelb“ bezeichnet wird.
Bei Vollanalysen von Gläsern wird neben den Haupt- und Nebenkomponenten (SiO2, Al2O3, CaO, MgO, Na2O, K2O, etc.) üblicherweise auch Gesamteisen (angegeben als ‚Fe2O3‘) und der gesamte Restschwefel im Glas (als ‚SO3‘) bestimmt. Mittels weiterer Testverfahren kann zusätzlich der sog. Redox-Wert ermittelt werden, der das Verhältnis von zweiwertigem Eisen (Fe2+) zu Gesamteisen im Glas wiedergibt. Mit Gesamteisen und Redox-Wert ist in eindeutiger Weise auch die Konzentration derFe3+-Ionen eines Glases gegeben.
Eine Kenngröße, die bislang nicht von Routineanalysen erfasst wird, ist die Verteilung des Gesamt-schwefels auf die verschiedenen Wertigkeitsstufen im fertig produzierten Glas. Aus der Literatur ist bekannt, dass bei Raumtemperatur im Glas praktisch nur Sulfid (S2-) und/oder Sulfat (SO42- bzw. S6+) vorliegen, während Sulfit (SO32- bzw. S4+) unterhalb von etwa 400° C nur noch im Spurenbereich vertreten ist.
Um diese analytische Lücke zu schließen wurde von IGR in Zusammenarbeit mit Dr. Drexler Glasservice GmbH ein Verfahren entwickelt, bei welchem neben der Bestimmung des Gesamtschwefel-gehaltes separat der im Glas vorliegende, sechswertige Schwefel (Sulfatanteil) ermittelt wird.
Basis dieser separaten Schwefelanalytik sind zwei verschiedene Aufschlussverfahren. Eine Teilprobe wird mit einer stark oxidierend wirkenden Säuremischung in Lösung gebracht, so dass während des Löseprozesses Schwefelverbindungen mit Valenzen kleiner ‚6+‘ spontan und quantitativ zu Sulfat oxidiert werden. In dieser Aufschlusslösung befindet sich also der Gesamtschwefel der Probe in Form von Sulfationen. Eine zweite Teilprobe wird demgegenüber mit einer speziellen Säuremischung behandelt, welche weder oxidierend noch reduzierend wirkt. In der Glasmatrix vorhandene Sulfidionen werden bei diesem Aufschluss in Form von Schwefelwasserstoff (H2S) ausgetrieben, während Schwefel, der im Glas originär als Sulfat vorliegt, in der Aufschlusslösung verbleibt. Die Differenz der beiden Analysen entspricht folglich dem Sulfidgehalt des Glases.
Das IGR bietet mit dieser neu entwickelten Analytik eine vertiefte Bewertungsmöglichkeit von Gläsern wie Braunglas aber auch anderen sulfidhaltigen Spezialgläsern.
Göttingen, 07.03.2017